Als ich meine Firma gegründet habe, war ich recht erstaunt, wie interessant ich plötzlich für viele Leute geworden war. Der Briefkasten quoll die ersten Monate über mit unschlagbaren Angeboten zu vielerlei Beratungs- und Produktthemen, die für mich als Existenzgründer geradezu unerläßlich sein sollten.
Offensichtlich sind Businessfrischlinge für die Versicherungswelt Freiwild.
Einerseits ist verständlich, dass Gründer sich nicht auch noch mit Versicherungskram herumschlagen wollen, denn sie haben mit dem eigenen Geschäft schon mehr als genug zu tun. Andereseits macht sie das auch zu leichten Opfern, denn die vorhandene Unsicherheit („Ob das mal alles gutgeht?“) spielt gewieften Verkäufern natürlich in die offenen Geldbeutel.

Also, was brauchen Gründer an Absicherung denn wirklich?

faq red glossy icon on white backgroundEigentlich brauchen sie nicht viel. Die wirklich großen Risiken müssen abgesichert sein, die gesundheitlichen Risiken müssen gegen den Geldbeutel und das eigene Angstempfinden abgewägt werden – alles andere ist erst mal vernachlässigbar.

  1. Immer vorneweg geht die Haftpflichtversicherung:
    Eine Private Haftpflicht sollte bereits vorhanden sein, wenn nicht, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, eine abzuschließen. Bei der beruflichen Haftpflichtversicherung/Betriebshaftpflicht kommt es auf die Art Eurer Selbständigkeit an. Es gibt für alles und jedes eine Haftflicht, setzt Euch auf jeden Fall mit einem Makler Eures Vertrauens zusammen und schaut, was Ihr braucht. Gesetzlich vorgeschrieben ist eine Haftpflicht nur für die wenigsten Berufe, zum Beispiel für meinen. Es ist aber generell unerläßlich, für den Fall abgesichert zu sein, dass Euch als Freiberufler oder als Unternehmen ein Fehler unterlaufen könnte und Ihr Eurem Kunden einen Schaden zufügt. Der Beitrag bemisst sich nach der Schadenhöhe, die ein Fehlverhalten verursachen könnte, in meinem Fall wären das theoretisch 1,7 Mio.  – was schlappe 1600,- €uro Beitrag p.a. für meine Vermögensschadenhaftpflicht bedeutet! Zum Glück liegen die meisten Berufsfelder natürlich deutlich darunter.
  2. Krankenversicherung:
    Darüber brauche ich wohl nicht viel zu erzählen. Absolutes Muss. Ob privat oder freiwillig gesetzlich versichert ist wiederum Ansichtssache – auch hier gibt es berufene Spezialisten, auf deren Beratung man sich verlassen kann.
  3. Berufsunfähigkeit:
    Das ist ein ganz heißes Thema. Theoretisch ist diese Versicherung sehr wichtig, denn was passiert mit Euch, wenn Ihr nach 2 Jahren Selbständigkeit einen Schlaganfall bekommt und nie wieder arbeiten könnt? Katastrophale Vorstellung, nicht wahr? Andererseits ist eine ordnungsgemäß kalkulierte BU eine teure Sache, die den noch sehr schmalen Existenszgründungsgeldbeutel heftig belastet. Außerdem kommt es hier auch noch darauf an, wie alt Ihr seid. Ein 20jähriger bezahlt einen deutlich geringeren Beitrag in der BU als ein 40jähriger, logischerweise weil sein Gesundheitszustand statistisch gesehen deutlich besser und weniger risikobehaftet ist. Noch dazu kommt es darauf an, ob Ihr alleine seid, oder ob Ihr eine Familie zu versorgen habt. Ich tendiere dazu, eher von der geplanten Selbständigkeit abzuraten, als gar keine Minimalversorgung zu gewährleisten. Dieses Risiko ist also ganz genau abzuwägen – denn nun mal im Ernst: was nutzt Euch die beste BU, wenn das Geld zum Leben dann nicht reicht? Hier müsst Ihr letzlich ganz alleine entscheiden. Wenn das Geld in der Anfangszeit nicht für eine BU reicht, so ist das auf jeden Fall ein ernsthaft anzugehendes Thema, wenn Ihr auf festen Füssen steht.
  4. Risikolebensversicherung:
    Wenn Ihr Familie habt: Ja. Wenn Ihr keine Familie habt und Euer Geschäftsbetrieb im Falle Eures Todes problemlos aufgelöst werden kann ohne für Eure Erben eine große finanzielle Belastung darzustellen: Nein.
  5. Altersvorsorge:
    Prinzipiell ein sehr wichtiges Thema. Aber bevor Ihr Euch mit Rürup, Riester und betrieblicher Altersvorsorge beschäftigt, solltet Ihr erst mal sehen, dass Eure Geschäftstätigkeit Euch auch tatsächlich in Zukunft ernährt. Falls Ihr die Möglichkeit habt, einen bestehenden Riester weiter zu führen, so solltet Ihr dies wegen der Zulage tun. Andere bereits bestehende Altersvorsogeverträge sollten nicht blind aufgelöst werden, wenn Ihr sie in der Anfangszeit nicht bezahlen könnt, so legt sie still bis Ihr die Gelegenheit und Möglichkeit habt, Euch eingehend mit dem Thema zu beschäftigen.
  6. Geschäftsinhaltsversicherung, Elektronikversicherung, Betriebsunterbrechungsversicherung:
    Wenn Ihr nicht schon mit einer kostenintensiven Betriebsausstattung (zum Beispiel superteure PCs in einem IT-Unternehmen, die nicht aus Firmenmitteln zu ersetzen sind, sollten sie zerstört werden) starten müsst, so sind diese Versicherungen zuerst mal absolut vernachlässigbar.
  7. Firmen/Rechtschutzversicherung:
    Im Normalfall vernachlässigbar.

Es gibt keine Standardlösung für die Versicherungsdeckung von Unternehmen, Ihr werdet nicht umhin kommen, für diese Themen ein paar Stunden Zeit zu investieren. Prinzipiell gilt, dass Ihr als Unternehmer Eure Prioritäten setzen solltet:
Zuerst die Risiken abdecken, die zum existentiellen Untergang führen, dann die, die zu erheblichen finanziellen Problemen führen und dann erst alle anderen (wenn überhaupt).

Meine geld.werten Tipps:

  • Niemals einen Versicherungsvertrag sofort unterschreiben, mindestens eine Nacht darüber schlafen.
  • Sich nicht verlocken lassen von Preisnachlässen bei langlaufenden Verträgen – Ihr kommt da nämlich nicht problemlos raus, solltet Ihr wieder Erwarten mit Eurer Firma nicht erfolgreich sein.
  • Redet mit anderen aus Eurer Branche! Niemand weiß besser, was passieren kann als derjenige, der es schon erfahren hat.
  • Kauft Euch Spezialisten ein. Das Internet ist klasse – aber Ihr wisst nicht, worauf Ihr bei Versicherungen achten müsst. Es nutzt die billigste Versicherung nichts, wenn sie im Schadenfall nicht bezahlt.

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