Für die wunderbare online-Zeitschrift PinkPumps Open habe ich den Auftrag erhalten, über „Starke Frauen“ zu schreiben. Ich tue mich schwer mit dem Thema. Das fängt schon mit der Definition des Wortes „stark“ an. Wie viele Menschen setzen Stärke mit Härte oder Dominanz gleich? Ich kenne viele davon. Und ich sehe das ganz anders.
Stärke ist für mich die Fähigkeit, den Unwägbarkeiten des Lebens mutig ins Auge zu sehen und Verantwortung für das eigene Schicksal zu übernehmen.
Niemals heißt es aber, mit jeder Situation im Leben allein zurechtkommen zu müssen. Im Gegenteil, ich empfinde es als stark, wenn ein Mensch – sei es Mann oder Frau – sich selbst so sehr achtet, dass er weiß, wo seine Sollbruchstellen sind. Kommt der Punkt näher, an dem frau für sich und für andere keine gute Arbeit mehr leistet, so ist es wichtig, dies auch zu erkennen.
Das Leben hat nun einmal die Angewohnheit, auch dominante und harte – also landläufig starke – Frauen an ihre Grenzen zu schubsen. Denn sollte die angeblich ach so-Starke dann doch durch einen Burn-Out oder eine heftige Depression aus dem Arbeits- und Familienleben gerissen werden, so ist die Belastung der Umwelt weitaus größer, als wenn vorher schon Hilfe und Beratung eingefordert worden wäre. Der selbst gezimmerte Ich-bin-stark-und kann-alles-alleine-Heiligenschein lässt sich nämlich nicht kleben, das Selbstbild muss nach dem Zerbrechen entweder mühsam therapiert oder als instabiles Lügengebäude wieder aufgerichtet werden.
Frauenstärke ist auch eine Generationenfrage. Sie bedeutete für die Nachkriegsgeneration, Entbehrungen auszuhalten, Arbeitsüberlastungen wegzulächeln und den althergebrachten Anforderungen des Ehelebens gerecht zu werden. Dazu gehörte, entweder dem Ehemann gegenüber das Verprassen des Haushaltsgeldes rechtfertigen zu müssen oder das genaue Gegenteil davon: allein für die Finanzen der Familie verantwortlich zu sein.
Auch in der heutigen Generation kann man vor allem letztes Symptom noch oft beobachten. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: ist es unter den Partnern so abgesprochen, dass frau sich hauptverantwortlich um die Finanzen kümmert, so ist natürlich nichts dagegen einzuwenden.
Bekommt frau diese Aufgabe aber „aufs Auge gedrückt“, weil sie zu schwach ist, sich dagegen zu wehren, so ist das für einen Profi wie mich bedenklich. Wir Menschen (ob Frau oder Mann) neigen nämlich dazu, Dinge, die wir nicht gerne tun, schlecht zu tun. Ein schlechtes Management der Finanzen hat im Allgemeinen aber schwerwiegende Folgen – von unsinnigen Versicherungen bis zur mangelhaften Altersvorsorge.
Wirklich starke Frauen erkennen, wenn hier ihre Grenze verläuft. Und sie besprechen mit dem Partner, Freunden oder der Familie wie das Problem zu lösen ist. Sie können sich professionell beraten lassen, gemeinsam Entscheidungen treffen oder einzelne Finanzbereiche verteilen.
Eine Tabuisierung der eigenen finanziellen Unsicherheiten ist für niemanden ein Zeichen von Stärke. Tun Sie das, was Sie gut tun können, alleine. Achten Sie Ihre eigenen Grenzen und suchen sich bei allen Dingen, die Sie überfordern, Rat und Hilfe an vertrauenswürdigen Stellen.
Das ist stark!