Aus der Serie: Honorarberatung (ist mehr) als ein Geschäftsmodell

Mann mittleren Alters hebt den FingerDiese Frage sollte als Einstieg in eine Podiumsdiskussion anlässlich der Honorarberaterkonferenz dienen. Als ich sie auf der Einladung las, habe ich erst mal laut gelacht:
Welcher Finanzdienstleister antwortet denn auf eine solche Frage… *begeistert hüpf*: „Ich, hier! Ich mache nur so, als wäre ich Honorarberater!“

 

Die Crux ist folgende:

Auch wenn jedem reinrassigen Honorarberater das Klappmesser in der Tasche aufspringt, so kann doch jeder, der seinem Kunden eine Honorarrechnung schreibt, mit Fug und Recht von sich behaupten, ein „Honorarirgendwas“ zu sein.
Wer Finanzanlagen auf Honorarbasis nach §34h vermittelt, aber nach wie vor das Versicherungsgeschäft auf Provisionsbasis abrechnet, ist trotzdem Honorar-Finanzanlagevermittler.
Punkt.

Nicht so gedacht

Natürlich ist die selektive Verwendung des Honorarberater-Begriffs genau so wenig im Sinne des Erfinders
wie das Aufspringen von Hasardeuren auf den nun langsam Fahrt aufnehmenden Zug.

Hierzu von Seite des Gesetzgebers Hilfe zu erwarten, beweist sich mit der Einführung des §34h als schöne Träumerei:
zu langsam, zu realitätsfern und zu ängstlich wird die Politik sich auch weiterhin bemühen, allen Herren zu dienen
und es am Ende doch Keinem recht zu machen.

Durch die gesetzliche Aufteilung der Finanzdienstleistung in verschiedene Bereiche wird eben die missbräuchliche und missverstandene Verwendung des Begriffs „Honorarberatung“ leicht gemacht und schafft auch Definitionsuneinigkeit sogar in den eigenen Reihen.
Aber daran ist num eben nichts zu ändern , deshalb können wir uns die Bezeichnungsstreiterei – ob jetzt Honorar-Finanzanlagenvermittler oder honorarbasierter Finanzberater oder Honorarberater mit KWG-Zulassung oder Honorarberater unterm Haftungsdach – genausogut sparen, denn sie bringt uns nicht weiter.

Im Gegenteil.
Sie lenkt uns nur ab von dem, was wir mit dem Begriff der Honorarberatung ursprünglich meinten.

 

Wir wollen erstklassige Finanzberatung im ausschließlichen Kundeninteresse liefern und damit ein wohlbekömmliches Auskommen erarbeiten.

 

Was sich einfach anhört, aber garnicht so leicht umzusetzen ist:

die fachliche Koryphäe ist nicht automatisch ein guter Marketeer,
der ehrbare Versicherungskaufmann hat nicht automatisch das rechte Mindset und
die allerwenigsten Finanzdienstleister sind von vorneherein gute Unternehmer.

Ich verstehe also die Kollegen, die sich nicht trauen, sowohl bei Geldanlagen, Immobilienfinanzierungen, Beteiligungen und in jeglichem Versicherungsgeschäft transparent gegen Honorar abzurechnen, recht gut.
Ich verstehe auch, warum die Versuchung groß ist, z. Bsp. durch interne Abläufe die an den Kunden auszukehrenden Kickbacks zu reduzieren.

Denn:
Integrität alleine macht nicht satt – und mit der Honorarberatung kann man nur im Ausnahmefall von einem Jahr auf das andere richtig gutes Geld verdienen.

 

Was können wir also tun, um die Honorarberatung erfolgreich zu machen?

Ideen ordnenWir sollten einen Weg finden, miteinander einig zu werden.

Bisher verlaufen die verschiedenen Bemühungen, Ordnung in unser Honorarberater-Chaos zu bringen, erfolgreich im Sande:
zu sehr die Verhaftung im alten Denken, zu stark noch die Orientierung am Produkt, zu heftig die Konkurrenz zwischen Geldanlage und Versicherung und zu groß manches Ego.

Aber:
Es ist unerlässlich, das Wesen der Honorarberatung mit einer einzigen Stimme zu erklären und den Begriff – abseits allen Individualhickhacks – für den Kunden mit Leben zu füllen. Honorarberatung muss als echte Alternative zur Bank und zum Provisionsvertrieb begreifbar sein.
Wir müssen eine eigene Lobby werden und ein gemeinsames Mindset definieren, an dem sich die Presse, die zukünftigen Kollegen und vor allem auch die Kunden orientieren können.

 

HBCloudWir sollten Unternehmertum lernen.

Wir sollten lernen, was es heißt, nicht mehr ein Produkt, sondern uns selbst zu vertreiben.
Lernen, das Authentizität das beste Verkaufsargument ist, dass Marketing nicht gleich Werbung ist
und dass „spitz auf den Markt“ nicht bedeutet, mit offenem Hosenstall herumzulaufen
oder einen Allfinanz-Bauchladen vor sich her zu tragen.

 

 

Wir sollten gesellschaftliche Verantwortung übernehmen

zeit zu handelnUnsere Kunden –  die Gesellschaft! – ist jahrelang manipuliert, geängstigt und
dumm gehalten worden.
Wer, wenn nicht wir, sind besser dafür geeignet, unabhängig Aufzuklären und wissenstechnisch zu Bilden*?
Wer, wenn nicht wir, hat damit die beste aller Möglichkeiten, aktiv
einen gesellschaftlichen Wandel voranzutreiben?

Und wer, wenn nicht wir, hat damit die einmalige Chance, der Gesellschaft das Vertrauen in die Finanzberatung, in wirtschaftliche Zusammenhänge und letztlich sogar in die eigene Leistungsfähigkeit zurückzugeben?

 

 

 

 

* z. Bsp. mit : www.geldlehrer.de

 

Weitere Artikel aus der Serie „Honorarberatung (ist mehr) als ein Geschäftsmodell“:

-> Ist die Honorarberatung zu kompliziert?

-> Was die Honorarberatung vom Christopher-Street-Day lernen kann

-> Honorarberatung ist mehr als ein Geschäftsmodell