Seit 2010 muss über jede Anlageberatung für Privatkunden ein schriftliches Protokoll angefertigt werden. Obwohl dieses Beratungsprotokoll vom Grundsatz her nur vom Berater unterschrieben werden muss, ist es verständlich, dass auch die Kunden diese Dokumentation unterschreiben sollen – immerhin dient diese Dokumentation als Beweismittel in Streitigkeiten wenn es darum geht, ob der Kunde evtl. falsch beraten oder mangelhaft aufgeklärt wurde.

Was aber unterschreiben Millionen Kunden und Berater jeden Tag?

Dieses Schriftstück ist also im Zweifelsfall von immenser Wichtigkeit. Es dauert normalerweise eine gute Stunde, dem Kunden genau zu erklären, was in diesem Protokoll abgefragt und dokumentiert wird: Zeit, die in den wenigsten Beratungen (ob absichtlich oder unabsichtlich) zur Verfügung steht.

Um ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, erklären wir Schritt für Schritt, welche Informationen protokolliert werden und worauf Sie achten sollten.

Das Grundsätzliche: Das Anlegerprofil

Vom Gesetzgeber gefordert muss das Beratungsprotokoll grundsätzlich Informationen über den Anlass der Beratung, die Dauer des Beratungsgesprächs, die persönliche Situation des Kunden, dessen Anlageinteressen sowie die Empfehlungen des Bankberaters und deren Gründe enthalten.

Die persönliche Situation des Kunden wird oftmals auch in einem gesonderten Anlegerprofil erfasst: diese Zweiteilung hat den großen Vorteil, dass sie – sofern sich in den Verhältnissen und Neigungen des Kunden nichts geändert hat – wiederverwendet werden kann. Die Informationen in diesem Papier sind grundsätzlicher Natur, fragen die finanzielle Situation, Erfahrungen, Wissenstand und Vorlieben ab und dienen der Einschätzung des Beraters über die Person die vor ihm sitzt. Idealerweise wird dieses Papier vor der eigentlichen Beratung über die anstehende Anlage ausgefüllt: in der Praxis werden Anleger- und Beratungsinformation aber meistens nach der erfolgten Beratung zusammen mit den Unterschrift unter den Verkaufsunterlagen abgefragt.

Selbstverständlich benutzt jede Bank und jedes Beratungsunternehmen eigene Formulare – mit im Großen und Ganzen gleichen Inhalt.
Im folgenden erklären wir Schritt für Schritt die einzelnen Informationsblöcke (bitte die Bilder anklicken für Zoomfunktion und bessere Lesbarkeit).

Die persönlichen Daten:
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Hier gibt es wenig zu erklären, es ist klar, dass der Berater wissen muß, welche Person ihm gegenübersitzt und wie er sie erreichen kann. Anhand der Berufsabfragen kann schon ein erster Schluß gezogen werden, wie vertraut ein Kunde mit Finanzdingen ist: Ein ehemaliger Bankvorstand mit Hochschulstudium wird vor Gericht weniger Aussichten haben, zu beweisen, dass er nicht einschätzen konnte, wie risikobehaftet eine Anlage ist, als ein Lagerist mit Hauptschulabschluß.
Der Familienstand ist wichtig, damit der Berater weiß, ob der Kunde nur für sich alleine zu sorgen hat oder ob es Verantwortungen zu erfüllen gilt.
Die Steuer-ID ist wegen des Freistellungsauftrages sinnvoll, aber nicht zwingend notwendig und die Legitimationsdaten vom Personalausweis erleichtern auch eine spätere Kontoeröffnung.

 

Kenntnisse und Erfahrungen

Hier geht es schon los mit Begriffen, die dem ungeübten Anleger vollkommen fremd sein können. Gerade im Fondsbereich haben zwar viele Kunden bereits Erfahrungen, aber nicht unbedingt auch Kenntnisse erworben.
In unzähligen Versicherungen stecken Fondsanlagen, lange war des Deutschen liebstes Anlagevehikel der offene Immobilienfonds und wie viele sind vor Jahren mit der Telekomaktie auf die Nase gefallen? Während also die rechte Spalte den meisten Anlegern tatsächlich vollkommen fremd sein dürfte (und demzufolge hier auch kein Häkchen gesetzt wird), gilt es auf der linken Spalte, genau aufzupassen und sich im Zweifelsfall für die Kenntnisse, nicht für die Erfahrung, zu entscheiden: Besteht zwar z. Bsp. eine fondsbasierte Riesterrente, aber es ist nicht klar, was ein Fonds überhaupt ist, so ist darauf zu achten, dass der Berater kein Häkchen setzt.

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Diese Logik ist im nächsten Abschnitt beizubehalten, auch hier gehören nur bewusst und wissend getroffene Anlageentscheidungen hinein:

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Spannend ist hier der untere Teil: Wenn ein eigenes Depot besteht oder bestand, wie wurden denn die bisherigen Entscheidungen getroffen?

Beratungsfreie Orderausführung bedeutet, dass kein Profi seine Finger im Spiel hatte. Der Kunde hat z. Bsp. in einer Börsenzeitung gelesen, dass die XY- Aktie sinnvoll zu kaufen wäre und hat diese ohne weitere Rücksprache in sein Online-Depot gekauft (alleinige Verantwortung, keinerlei Haftung für Bank oder Berater).

Bei der Anlagevermittlung dagegen hat ein Profi das Geschäft vermittelt: Er muss alles auf den Tisch legen, was der Kunden über die Kapitalanlage wissen sollte – er haftet also dafür, ob über die Anlage ordnungsgemäß aufgeklärt wurde. Verkauft ein Anlagevermittler also z. Bsp. einen Immobilienfonds, ohne darüber aufzuklären, dass es sein könnte, dass dieser Fonds auch geschlossen werden kann, wenn die Umstände es erfordern, so hat er seine Pflicht vernachlässigt und muß dafür im Bedarfsfall geradestehen.

Die Anlageberatung geht noch einen Schritt weiter: Nicht nur für die ordnungsgemäße Aufklärung über die Anlage selbst haftet der Berater, sondern er ist auch dafür verantwortlich, dass die Anlage zum Kunden passt. Hier fallen die meisten Streitigkeiten an: Wer hat noch nicht von alten Menschen gehört, denen eine 10-jährige unkündbare Kapitalanlage verkauft wurde? Oder von der ängstlichen Hausfrau, die statt mit einem Sparbuch mit einem riskantem Aktienfonds nach Hause gegangen ist?

Die Vermögensverwaltung ist die Luxuskarosse unter den Kapitalanlagebesorgern: hier werden die Anlageentscheidungen eigenständig durch den Vermögensverwalter getroffen und umgesetzt. Die Haftung entspricht der der Anlageberater.

Warum sind diese Unterscheidungen an dieser Stelle so wichtig?

Sollte es später zu Streitigkeiten zwischen dem Anleger und dem Berater kommen, so wird das Gericht sehr genau prüfen, wie der Kunde bis zu diesem konkreten Anlaß seine Anlageentscheidungen getroffen hatte – und ob der Kunde sich dieser Unterscheidungen und Haftungen überhaupt bewusst war. Ist der Kunde zum Beispiel schon seit Jahren und in nennenswerten Größenordnungen (s. Abb. weiter unten) in der beratungsfreien Orderausführung unterwegs, so liegt die Vermutung für das Gericht nahe, dass der Kunde sich recht gut in diesen Anlagegeschäften auskennt. Hat er sich aber noch nie selbst mit Kapitalanlagen auseinandergesetzt oder nur einmal 500 € zum eigenständigen Spekulieren eingesetzt, während man sich jetzt um den Verlust von 100.000,- €, die eigentlich zur Altersvorsorge gedacht waren streitet, sieht die Sachlage schon wieder ganz anders aus.

2015 Anlegerprofil 4Nach der Abfrage der Größenordnung der gewohnt getätigen Kapitalanlagen wird noch geprüft, ob der Kunde für seine Investitionsentscheidungen schon mal einen Kredit aufgenommen hat. Wer jetzt den Kopf schüttelt und die Sinnhaftigkeit dieser Frage bezweifelt: Vor 20 Jahren war es durchaus nicht ungewöhnlich, dass Kunden ihr Girokonto überzogen oder einen Konsumkredit aufgenommen haben, um den damals modernen und unglaublich vielversprechenden Aktien-Boom (Telekom-Aktie!) nicht zu verpassen. Ein verantwortungsvoller Anlageberater wird heute sehr genau darauf achten, dass sein Kunde kein solches Risiko mehr eingeht.

 

Die persönlichen finanziellen Verhältnisse

2015 Anlegerprofil 5Hier wird ein grober Gesamtstatus des Kunden abgefragt. Davon abgesehen, dass es auch für den Kunden nicht verkehrt ist, mal eine Bestandsaufnahme zu machen, ist es hier für den Berater (und das Gericht) wichtig, zu erfahren, in welchem Verhältnis zum großen Ganzen das geplante Anlagevolumen steht – und davon abgeleitet, welches Risiko eingegangen werden kann: Hier geht es darum, den Kunden auch vor sich selbst zu schützen.

Ein Anlageberater ist dazu verpflichtet, darauf zu achten, dass der Kunde eine Anlegergerechte Empfehlung erhält – das heißt, er muss darauf achten, dass der Kunde mit der Anlage kein Risiko eingeht, das bei genauer Betrachtung der Gesamtsituation einfach zu hoch ist.
Ein Beispiel: Der Kunde ist sehr risikobereit und möchte gerne spekulieren. Dazu m2015 Anlegerprofil 6öchte er das gesamte Vermögen der Familie einsetzen – obwohl das Haus noch nicht abbezahlt ist, das Girokonto überzogen und beide Kinder noch klein sind. Auch wenn der Kunde nun darauf bestehen würde, vom Berater nur spekulative Aktienfonds empfohlen zu bekommen, so wäre die Sachlage vor Gericht klar: Der Berater hätte seinen Job nicht richtig gemacht. Er hätte die Empfehlung solcher Produkte in diesem Umfang ablehnen ablehnen müssen.

Mit dem Anlagezielen wird nach den Prioritäten des Anlegers gefragt: was möchte der Kunde mit seiner Vermögensanlage, mit seinem Sparen erreichen, wo will er hin?
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Aus diesen Prioritäten ergibt sich vielfach schon, welche Produktarten für den Kunden in Frage kommen: Empfiehlt und verkauft der Berater z. Bsp. ein auf 10 Jahe unkündbares Genussrecht (in wesentlicher Höhe des Gesamtvermögens), obwohl der Kunde sehr großen Wert auf kurzfristige Verfügbarkeit legt, so ist das sicher nicht als anlegergerecht zu betrachten.

Sehr schwierig ist es für den Laien (und nicht nur für den), die folgende Unterscheidung zu treffen:2015 Anlegerprofil 8
Wie soll der Kunde das denn verstehen können? Woher hat der Kunde das Wissen und das KnowHow, sein Gesamtvermögen/die Kapitalanlagen sinnvoll aufzuteilen? Wie kann er den Zusammenhang zwischen Anlagehorizont und Risiko beurteilen? Woher soll der Berater die Zeit nehmen, genau diesem kleinen Punkt in dem Protokoll die Aufklärungsarbeit zuteil werden zu lassen, welche nötig wäre?
Alles in allem können hier Berater und Kunde nur gemeinsam versuchen, sich einigermaßen anzunähern und gleichmäßig zu verteilen: ein gewisses Maß an liquiden Mitteln sollte immer vorhanden sein und – abhängig vom Alter – ein Teil des Vermögens hat oft auch lange Zeit, zu wachsen und gedeihen.

 

Die Risikoklassen – entschlüsselt

Ganz besonders spannend ist die (fast) letzte Frage bei den persönlichen Neigungen des Kunden: hinter diesen vermeintlich einfachen Sätzen versteckt sich nämlich die Risikobereitschaft des Anlegers. Abhängig davon, bei welchem Satz Sie Ihr Kreuzchen setzen, entscheidet sich, welche Finanzprodukte sie empfohlen bekommen werden. Deshalb sollten sie genau wissen, was dahinter steckt:

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„Ich bin am Erhalt meines Kapitals interessiert. Die Sicherheit der Anlage bei sofortiger Verfügbarkeit steht in jedem Fall im Vordergrund“
-> Selbstverständlich möchte jeder Anleger sein Kapital erhalten. Natürlich möchte er am liebsten auch jederzeit darauf zugreifen können.
Fakt ist aber: Setzt der Kunde hier sein Kreuzchen, so kann er sein Geld auch auf dem Tagesgeld lassen. Wahlweise kann er noch ein Wertpapierdepot mit deutschen Staatsanleihen (die haben per Definition kein Risiko) bestücken oder einen jederzeit zu kündigenden Banksparplan abschließen. Diese Risikoklasse 1 ist erhebt nicht den Anspruch, auch nur einen Inflationsausgleich zu erwirtschaften.

„Ich baue auf eine gleichmäßige Wertentwicklung und regelmäßige Erträge. Mir ist bewusst, dass diesen Ertragserwartungen auch Risiken gegenüberstehen.“
-> Hier bewegen wir uns Bereich der Garantiefonds, Bausparverträge und Bankanlagen mit Vertragslaufzeit sowie Fonds, die auf Staatsanleihen allerbester Bonität basieren. Diese sogenannte Risikoklasse 2 erreicht mit etwas Geschick und in Abhängigkeit von den Laufzeiten einen guten Inflationsausgleich.

„Meine Ertragserwartungen liegen über Kapitalmarktniveau. Mir ist bewusst, dass dieses Ziel nur mit erhöhtem Risiko erreicht werden kann.“
-> Risiko ist hier leider kein sauber definierter Begriff – und wenn er nicht in Zusammenhang mit dem Anlagehorizont gesehen wird, macht er oftmals Angst. Dieser Risikoklasse 3 sind aber trotzdem nur große, hochsolide Aktienfonds oder internationale Renten-, Aktien- und Mischfonds zuzuordnen.

„Für die Chance auf sehr gute Wertentwicklung und auf hohe Erträge nehme ich auch große Risiken in Kauf“
-> Dieser Satz ist der Riskoklasse 4 zugeordnet und ist realitätsnah: als Anlageprodukte kommen hier Einzelaktien und Aktienfonds mit europäischen und außereuropäischen Standardwerten in Frage, außerdem Zertifikate erstklassiger Emittenten und Währungsanleihen mittlerer Bonität. Ab Risikoklasse 4 sollte sich der Anleger selbst recht gut in den Kapitalmärkten auskennen und sich seiner spekulativen Ansätze bewusst sein.

„Ich verfolge spekulative Ziele und nehme dafür auch große Risiken bis zum Totalverlust in kauf. Mich reizt das Risiko.“
-> Dem ist nichts hinzuzufügen, in diese Risikoklasse 5 gehören hochspekulative Anleihen, ausländische Aktien-Nebenwerte, Optionsscheine, Futures, usw.

Diese Risikoklassifizierung ist für den Berater bindend: Will ein Kunde, der sich in Risikoklasse 2 eingestuft hat, einen DAX-Fonds kaufen, so geht das nicht zusammen – es muss eine neue Einstufung erfolgen oder ein anderes Produkt in der passenden Risikoklasse gewählt werden.

Idealerweise kommt im Anschluss an diese Einstufung (Warum eigentlich hinterher?) eine ganze Seite mit Aufklärung über die diversen Risikoarten, die es am Kapitalmarkt geben kann:
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Da diese unscheinbaren Kästchen ein wahres Füllhorn an Informationen darstellen, bekommt dieser Block einen eigenen Artikel – an dieser Stelle nur so viel: alle diese Informationen zu geben und die Zusammenhänge aufzuklären ist im wirklichen (Produktverkaufs-) Leben ein Luxus, den die wenigsten Berater leisten können und die wenigsten Kunden hören wollen.

 

Nachdem der Berater also dokumentiert hat, dass er alle wesentlichen Informationen von seinem Kunden eingeholt und alle wesentlichen Aufklärungsarbeiten geleistet hat, kommt es zur eigentlichen Beratung und der Produktauswahl:

Das Beratungsprotokoll

Der Berater stellt die in Frage kommenden Produkte vor, bespricht die Chancen, Risiken und Funktionsweisen des Produktes und klärt über die Kosten auf. Egal, ob es zu einer Kaufentscheidung des Kunden kommt oder nicht, es ist ein Protokoll anzufertigen, welches folgende Punkte enthalten muss:
Nach der nochmaligen Kurzerfassung der persönlichen Daten wird abgefragt, um was es denn bei dieser konkreten Beratung genau geht – wieder in Bezugnahme auf die Größenordnung am Anteil des Gesamtvermögens/der laufenden Einnahmen – und auf wessen Veranlassung und aus welchen Beweggründen diese Beratung erfolgt.

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Warum interessiert es den Gesetzgeber, wie und warum das Beratungsgespräch zu Stande kommt?

Es ist im späteren Streitfall ein großer Unterschied, ob der Kunde mit der klaren Absicht zu seinem Berater kommt, eine Anlage zu tätigen oder ob er vom Berater (oder Call Center) angerufen wurde, um ein Finanzprodukt verkauft zu bekommen. Ebenfalls macht es einen Unterschied, ob der Anleger eine Beratung sucht, weil die Kurse abgestürzt sind und er sein Depot umschichten will oder ob er für das neugeborene Kind der Familie ein kleines Vermögen angespart werden soll damit das Studium später leichter bezahlt werden kann.

Der nächste Abschnitt bezieht sich explizit auf das Anlegerprotokoll und vergewissert sich ein weiteres mal, ob die persönlichen Verhältnisse, die Risikoneigung und die Gewinnerzielungsabsicht korrekt erfasst sind…
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… denn jetzt wird das eigentliche Kernstück der Dokumentation – das oder die tatsächlich gehandelten Finanzprodukte (inkl. Kostenblock)  – aufgeführt und die konkrete Handlungsempfehlung erfasst:
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Wichtig ist dann noch, warum der Berater empfohlen hat, was er empfiehlt, also seine persönliche, fachliche Meinung, wieso er glaubt, dass der Kunde mit dem gewählten Finanzprodukt seine Ziele erreicht: 2015 Beratungsprotokoll4

 

Hier findet sich der große Ausstieg aus der Beraterhaftung:

kreuzt Ihr Berater den unteren Punkt an, spielt er den Ball wieder zurück in das Feld des Anlegers. Dieser bekommt nämlich ein dickes Buch – das Wort Broschüre ist schlicht gelogen –  namens „Basisinformationen über die Vermögensanlage in Investmentfonds und Wertpapieren“ in die Hand gedrückt, in dem alles über Investmentfonds steht, was ein Anleger eigentlich wissen müsste.
Auch aufgrund der Lektüre dieses Buches (wenn er es denn liest) wird er wahrscheinlich nicht umfänglich wissen, was es für ihn zu wissen gibt, denn die grundsätzlichen Zusammenhänge sind nur in Teilen in allgemein verständlichem Deutsch beschrieben.
Haben Sie also im Anlegerprofil angekreuzt, keine Kenntnisse über Aktienfonds zu haben und der Berater verkauft Ihnen doch einen, so sind sie mit der Aushändigung dieses Buches (und der weiteren Unterlagen, auf die wir noch kommen) quasi wissend geworden und haben – auch für das Gericht –  die Pflicht, dieses Buch zu lesen und zu verstehen.

Diese Verfahrensweise ist die offiziell zulässige N2015 Beratungsprotokoll6otlüge für Berater, die die richtigen Produkte für Ihre Kunden empfehlen wollen, aber nicht die Zeit und die Möglichkeit haben, sie so aufzuklären, wie es eigentlich notwendig wäre.
In den Beratungsdokumentationen finden sich in der Regel noch freie Textfelder, in denen der Berater weitere Gründe für seine Handlungsempfehlung notieren kann, sie sollten als Anleger genau auf seine Formulierungen achten und ggf. sofort nachhaken.

 

Die wichtigsten Unterlagen – Pflicht zu lesen und zu verstehen

Kommen wir zu den weiteren Unterlagen, die der Berater dem Anleger verpflichtend auszuhändigen hat, das Buch ist nämlich nicht alles, was der Anleger zu wissen und zu verstehen hat: 2015 Beratungsprotokoll7

Zwingend notwendig ist also weiterhin die Übergabe (egal ob elektronisch per mail oder in Papier) des sogenannten Produktinformationsblatts bzw. des KIID, in dem angeblich auf jeweils 2 DIN A 4 Seiten alle wesentliche Faktoren des Finanzprodukt zusammengefasst sind. (Auch hierzu wird es einen separaten Artikel geben).
In der Regel wird dem Anleger noch der Verkaufsprospekt der Anlage zugänglich gemacht, die Rechenschafts- und Halbjahresberichte verlangen sich normalerweise nur Spezialisten.

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So, Sie haben es jetzt fast geschafft! Jetzt geht es nur noch zur Unterschrift.

 

 

Der Anleger ist zwar nicht verpflichtet, die Beratungsdokumentation zu unterschreiben – in manchen Banken wird aber ohne die Kundenunterschrift eine weitere Beratung verweigert oder es wird – wie hier – eine Unterschrift in unbestreitbaren Teilbereichen abgefordert.
Eine Bestätigung darüber, wie lange das Beratungsgespräch gedauert hat und wer evtl noch zugegen war, ist ja auch im Grundsatz nicht bestreitbar – und dient im Zweifelsfall zur Plausibilitätsprüfung: dauerte das Beratungsgespräch nur 30 Minuten, so ist es eher unwahrscheinlich, dass der Berater allen seinen Pflichten genüge getan haben kann.

Wichtig: Im Teilbereich der Empfangsbestätigung zur Übergabe besagten Buches und der beschriebenen Unterlagen ist es eigentlich egal, ob sie unterschreiben oder nicht: ist dokumentiert, dass der Kunde die Unterlagen erhalten hat, so hat er die Pflicht, sie auch zu lesen.
Dessen sollte sich jeder Anleger bewusst sein, denn auch ohne Unterschrift muss er im Streitfall nachweisen, dass es für den Anlageberater offensichtlich gewesen sein muß, dass der Kunde die Informationen, die er bekommen hat, nicht in der Lage war, zu lesen oder verstandesmäßig aufzunehmen – das dürfte nur im Falle einer Blindheit (es gibt die Unterlagen allerdings auch in Braille) oder einer Demenz im Ansatz erfolgversprechend sein.

Nach dem Gespräch muss der Berater das Protokoll unterzeichnen und dem Kunden unverzüglich aushändigen.

Beweismittel und Aufsichtsinstrument

Es versteht sich von selbst, dass dieses wichtige Papier zwingend aufzuheben ist. Vor der Einführung dieser Protokolle stand in streitigen Fällen die Aussage des Kunden gegen die Aussage des Anlageberaters. Egal wie kompliziert und mangelhaft diese Dokumentation auch sein mag, dem Kunden liegt nun eine schriftliche Darstellung des Beratungsgesprächs vor, die, wenn er denn weiß, worauf die einzelnen Aussagen abzielen, ein gutes Beweismittel sein kann, wenn er einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Falschberatung auf zivilrechtlichem Wege durchsetzen möchte.

 

Wir freuen uns zu Fragen und Kommentare zu diesem Artikel, selbstverständlich ist auch Teilen und Weitersagen ausdrücklich erlaubt. 🙂

 

Der Flyer der BaFin–> Anlageberatung: Was Sie als Kunde beachten sollten 

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